Die Ethik im geistigen Heilen

Der Begriff der Ethik ist in der heutigen Zeit ebenso wichtig wie seit jeher. Von vielen werden Moral, Ethik, Ehre und ähnliche Begriffe als unbequemes Korsett empfunden, als störender Maßstab für das eigene Handeln, welcher die Schwächen und Fehler allzu deutlich sichtbar macht oder bestimmte Verhaltensweisen zu Fehlern abstempelt, obwohl man sie selbst – zurecht oder -unrecht – nicht als solche erkennt.

Welche Bedeutung kommt der Ethik im geistigen Heilen zu? Gibt es eine spezifische bzw. allgemeine Ethik für Heiler? Aus meiner Sicht sage ich klar: Ja. Die gibt es. So wie die Ärzte gehalten sind, den Hippokratischen Eid zu befolgen, so sollte es für Heilerinnen und Heiler ebenso selbstverständlich sein, stets das Möglichste zu tun, den Ratsuchenden zu helfen – und in steter, kritischer Selbstreflexion zu bleiben. Dies ist für mich integraler Bestandteil aller Seminare, die ich gebe, sei es SoulTouchHealing oder andere, und ebnso Grundlage jedweder Heilsitzung, die ich abhalte.

Prolog: Eine Geschichte über einen spirituellen Lehrer

Vorweg eine Geschichte, die ich in früheren Jahren mitverfolgen durfte und musste. Sie nimmt auf anschauliche Weise vorweg, was mir mit diesem Artikel am Herzen liegt.

Ein spiritueller Lehrer, den ich einmal kennengelernt hatte, lehrte seinen Schülern stets, dass jedwede Krankheit des Körpers letztendlich einem geistigen, psychischen Ungleichgewicht entspringe und/oder uns zeigen würde, dass wir Lasten Anderer sowie Energien übernommen hätten, die uns nicht gehörten, die nicht zu unserer Lebensaufgabe gehören würden. Dies entspricht sämtlichen althergebrachten spirituellen Lehren, vom Schamanismus bis Reiki. Du bist nicht für Leben, Leid und Karma anderer Menschen verantwortlich, sondern nur für Dein Paket.

Der Lehrer war sehr gut in dem, was er tat und lehrte. Eines Tages drehte sich das allerdings. Er wurde krank. Nichts half. Keine Heilbemühungen seiner Kollegen oder Schüler, keine schulmedizinische Behandlung. Organe versagten zusehends, obwohl er noch nicht alt war, Krebs breitete sich aus. Sein Problem war, dass er über die Jahre immer wieder gesagt hatte, er würde zunehmend in andere Ebenen der Erleuchtung aufsteigen, und irgendwann sagte er: Die Erzengel hätten ihm gesagt, er sei nun frei von Lebensthemen und Karma, er hätte alles aufgearbeitet. Man sah ihm an, dass er sich die Krankheit nicht erklären konnte. Denn nach seinem Dafürhalten hatte er ja keinen Grund mehr. Schließlich sprach er den Satz: „Ich trage nun als Erleuchteter das Karma meiner Schüler ab.“ Es wurde ersichtlich, dass er vor seinen Themen floh, dass er Weltflucht betrieb. Zu gleich konnte er vor seinen Schülern nicht zugeben, dass er sich ganz menschlich geirrt hatte. Dazu fehlte die Stärke.

Irgendwann gestand er eine tiefe Angst ein, zu versagen. Ein altes Familienmuster. Er war immer getrieben, als perfekt da zu stehen, aus Angst, dass ihm die Leute weglaufen würden, denn ein spiritueller Lehrer müsse doch vollkommen sein, oder? Aus der Angst resultierte Wut gegen sich selbst, sobald er Schwächen an sich entdeckte. Diese Emotionen verzerrten seine Channelings für sich selbst. So hervorragend er bei anderen Menschen die Probleme erkennen und behandeln konnte, so sehr verdrängte er die Klarsicht bei sich selbst und ließ erst andere Heiler an sich heran, als er todkrank war.
Erst dann gestand er sich und anderen alles ein, erst als ihm die Kraft zur Verdrängung fehlte. Mit dem Eingeständnis und der Selbstvergebung ging es ihm besser. Leider war es zu spät, der Krebs trotz energetischer wie klassischer Behandlung zu weit fortgeschritten. Jedoch konnte er am Ende in Frieden gehen.

Und hinterließ mir so ein mahnendes und wichtiges Beispiel für meinen Weg. Dafür bin ich bis heute dankbar, hat es mich doch, wenn nicht vor allen, so doch vor vielen Fehlern beschützt.

Zum Begriff und Wesen der Ethik:

Der Begriff der Ethik (griechisch ἠθική (ἐπιστήμη) ēthikē (epistēmē) „das sittliche (Verständnis)“, von ἦθος ēthos „Charakter, Sinnesart“ (dagegen ἔθος: Gewohnheit, Sitte, Brauch), ist in der heutigen Zeit ebenso wichtig wie seit jeher. Von vielen werden Moral, Ethik, Ehre und ähnliche Begriffe als unbequemes Korsett empfunden, als störender Maßstab für das eigene Handeln, welcher die Schwächen und Fehler allzu deutlich sichtbar macht oder bestimmte Verhaltensweisen zu Fehlern abstempelt, obwohl man sie selbst – zurecht oder -unrecht – nicht als solche erkennt.

Sicher sind – glücklicherweise – viele von unseren Vorfahren überkommene moralischen und ethischen Werte weitgehend überholt, wie z.B . der Gedanke, dass Homosexualität oder Sex ohne verheiratet zu sein des Teufels und unnatürlich seien und dergleichen mehr. Werte wandeln sich in jeder Gesellschaft mit den Jahrhunderten und Situationen. Jedoch findet man in allen Kulturen eine Art universellen Kern an Werten in den ältesten spirituellen und religiösen Lehren. Nicht das älteste, aber eines der bekanntesten Beispiele dafür sind die zehn Gebote. Sie zeigen prägnant diesen Kern auf: Töten, Diebstahl, Neid und Missgunst, Lügen – diese Dinge wurden und werden in jeder Gesellschaft als schädlich sowohl für den Einzelnen, Täter wie Opfer sowie das Zusammenleben einer Gemeinschaft erachtet.

Das Einhalten gewisser grundlegender Regeln, der achtungs- und respektvolle Umgang miteinander und mit dem Leben ist Grundbedingung für ein friedliches, stabiles Zusammenleben. Das Befolgen der Ethik also bietet jedem Einzelnen Vorteile: Er kann sich in einem gesicherten Rahmen persönlich entfalten, kann grundsätzlich allen anderen Mitgliedern der sozialen Gruppe vertrauen, andere können sich auf ihn verlassen.

Dass dieser Rahmen als Einschränkung empfunden wird liegt heutzutage daran, dass er oft in sehr unsinnige Gesetze gegossen ist und vor allem mit gesellschaftlichen Konventionen verstärkt ist, die mit dem genannten Kern an ethischen Werten nichts oder nur wenig zu tun haben. Und die oft aus Unverständnis, dem menschlichen Ego und einer großen Distanz zu unserer menschlichen Natur wie der Natur an sich entsprungen sind.

Wie weit sind wir von unserer natürlichen Lebensweise entfernt, wie sehr wird in unserer Gesellschaft das wirklich weibliche und wirklich männliche Prinzip verleugnet, durch Idealbilder verdreht und nicht gelebt?

Du siehst – die Vielzahl der Einfluss nehmenden Faktoren macht es schwer, die „richtige“ Ethik für sich zu finden. Der soeben herausgearbeitete Kern ist dabei in meinen Augen ein erster Ankerpunkt, an den man anknüpfen kann. Dass Vorhandensein vieler Regeln bedeutet nicht, dass mehr automatisch besser ist. Wir haben viele Gesetze, meist deshalb, weil wir als Masse von Menschen nicht in der Lage sind, die wenigen aber an sich ausreichenden Gebote einzuhalten. Wenn Du genauer darüber nachdenkst wirst Du vielleicht feststellen, dass die ethischen Kerngebote – so möchte ich sie einfach mal nennen – alle Situationen abdecken, aus denen Unfrieden entstehen kann.

Welche Bedeutung kommt der Ethik im geistigen Heilen zu? Gibt es eine spezifische bzw. allgemeine Ethik für Heiler?

Aus meiner Sicht sage ich klar: Ja. Die gibt es.

So wie die Ärzte gehalten sind, den Hippokratischen Eid zu befolgen, so sollte es für Heilerinnen und Heiler ebenso selbstverständlich sein, stets das Möglichste zu tun, den Ratsuchenden zu helfen – und in steter, kritischer Selbstreflexion zu bleiben. Dies ist für mich integraler Bestandteil aller Seminare, die ich gebe, sei es SoulTouchHealing oder andere, und ebnso Grundlage jedweder Heilsitzung, die ich abhalte.

Wenn man selbst als geistiger Heiler tätig ist, sei es beruflich oder einfach im Bekanntenkreis, spätestens aber wenn man beginnt, andere Menschen im geistigen Heilen zu unterrichten und sie auf diesem Weg begleitet, stellt sich die Frage, was einen guten Heiler ausmacht. Man hat schließlich Verantwortung für Jene übernommen, die einen um Rat ersuchen. Der in spirituellen Kreisen verbreitete Satz „Jeder Mensch ist für sich selbst verantwortlich“ ist grundsätzlich wahr, wird aber oft dann missbraucht, wenn der/die HeilerIn nicht weiter weiß oder Fehler in der Behandlung von sich wegschiebt. Stelle ich mich als Heiler oder Lehrender hin, bin ich zu einem gewissen Grad mitverantwortlich dafür, was am Ende herauskommt.

Daraus können wir eine Art ersten ethischen Grundsatz ableiten: Der/die HeilerIn ist angehalten, seine/ihre Arbeit möglichst gut zu machen, sich Fehler und Grenzen im eigenen Können offen einzugestehen, um seiner/ihrer Verantwortung gegenüber den Klienten und Schülern gerecht zu werden. Neben der sicheren Beherrschung von Heiltechniken und einer guten Intuition, Empathie, Freundlichkeit und etlichen anderen Dingen, die wichtig für jeden sind, die auf der geistigen / psychischen Ebene mit Menschen arbeiten, kommt von Klienten immer wieder der Wunsch oder auch die gezielte Frage nach dem moralischen Rahmen, in dem ein/e Heiler/in handelt. Wie kann der/die PatientIn sich sicher sein, dass er/sie in guten Händen ist und der Therapeut (denn als solcher steht ein Heiler vor seinen Klienten) keinen Missbrauch treibt?

Ein Beispiel: Viele Heiltraditionen betonen die unbedingte Beachtung des freien Willens der Klienten. Man darf sie nicht ohne ihr Einverständnis behandeln, auch dann nicht, wenn man „es nur gut meint“ oder genau spürt, dass man helfen könnte. Es ist die freie Entscheidung jedes Einzelnen, ob er Hilfe will und annimmt oder nicht. Alles Andere ist ein mutwilliger Eingriff in die Freiheit des Anderen, ist Manipulation. Hier beginnt das, was man auch schwarze Magie nennt: Das Handeln aus dem Ego, nicht aus göttlicher Führung und dem Herzen.

Selbst wenn ich es einfach gut meine, aus bester Absicht handle: Ich überschreite eine Grenze und nehme nicht gewollten Einfluss. Die Tat widerspricht der Absicht. Und die Tat entscheidet. Es gibt viele Stolperfallen, die einem dabei im Weg liegen können. Das eigene Ego, das Streben nach äußerer Anerkennung, nach Ruhm. In diesem Fall wird man rasch blind für eigenes Fehlverhalten, kann nicht klar reflektieren und wird empfänglich für Schmeicheleien und zugleich empfindlich gegenüber jeglicher, auch konstruktiver Kritik. Eigene nicht aufgearbeitete Traumata, Sehnsüchte und Ängste sowie andere emotionale Verstrickungen sind ebenfalls eine Gefahr.

Ich habe genügend Kolleginnen und Kollegen erlebt, die vor ihren eigenen Themen in esoterische Höhenflüge flüchteten, nur noch von Engeln, Channelings und anderen Ebenen sprachen und jedwedem Problem im alltäglichen Leben mit Gebeten, Meditation und Affirmationen begegneten. Aber Konflikte nicht zu lösen vermochten, die Augen vor schwierigen, aber notwendigen Entscheidungen schlossen, bis hin zum finanziellen und gesundheitlichen Ruin.

Ein Heiler ist Vorbild. Damit ist nicht gemeint, dass Du ein perfekt erleuchteter Mensch sein sollst, bevor Du anderen hilfst, jedoch sollte ein Heiler gewisse Voraussetzungen mitbringen. Nicht zu lügen, ehrlich zu sein, sich freizuhalten von Neid, Eifersucht und Ruhmsucht, sind selbstverständliche Dinge. Dazu gehört vor allem die Fähigkeit, sich selbst und im Fall des Falles auch vor anderen die eigenen Schwächen ehrlich eingestehen zu können.

Viele spirituelle Lehrer tun dies nicht, aus Angst, die Schüler und Klienten würden sich enttäuscht abwenden. Die eingangs beschriebene Geschichte zeigt dies in dramatischer Form. Diesem Gedanken – aus Sehnsucht nach Anerkennung, Angst vor finanziellem Verlust oder tiefen Selbstzweifeln und mangelndem Selbstbewusstsein entstanden – möchte ich widersprechen.

Meine persönliche Erfahrung und die vieler Kolleginnen und Kollegen zeigt, dass Patienten wie Schüler es sehr gut finden, wenn diese Ehrlichkeit vorgelebt wird, ihnen beispielhaft gezeigt wird, dass es kein Beinbruch ist, Schwächen zu haben und dazu zu stehen. Sie sehen ja zugleich die Fähigkeiten des Heilers/Lehrers. Es ermutigt sie zugleich, in ihrem eigenen Streben nach heilerischer Fähigkeit weiterzumachen. Denn sie sehen, dass man kein Übermensch werden oder sein muss, um heilen oder lehren zu können – man muss nur seinen Weg weitergehen und stetig an sich arbeiten. Der Weg ist das Ziel!

Ein weiterer Punkt betrifft das heilerische Arbeiten selbst. Die Menschen suchen den Heilenden als Ratgeber, als Helfer auf und geben ihm ihr Vertrauen. Dieses darf auf keinen Fall mißbraucht werden. Es passiert zu oft, dass sich ein Heiler und Lehrer eine Art gläubige Anhängerschaft und Nachbeter schafft, um sein Bedürfnis nach Anerkennung zu befriedigen oder um sich finanzielle Melkkühe zu schaffen. Nicht nur, aber hauptsächlich bei männlichen Heilern ist das Beeinflussen von PatientInnen des Öfteren ein Problem. Egal, wie spirituell Du bist – Du bleibst ein Mensch aus Fleisch und Blut mit den entsprechenden Hormonen und Gefühlen. Zu oft entstehen daraus sexuelle Übergriffe. Gerade also die heilenden Männer – aber durchaus auch Frauen – sollten ihre Gefühle und Triebe also genauestens beobachten, insbesondere gegenüber attraktiven Klienten/Klientinnen und SchülerInnen.

So manche HeilerInnen leugnen irgendwann, dass die physische, körperliche Komponente, die Triebe noch relevant seien, sie seien ja jetzt so spirituell erleuchtet, dass andere Regeln für sie gelten – siehe auch hierzu die am Anfang stehende Geschichte.

Ich erinnere noch einmal daran: Unsere Seele hat sich diese Existenzform ausgesucht, solange wir uns in ihr befinden, gelten ihre Regeln.

Zu schnell gerät man auch in eine Befangenheit, in der man nicht mehr klar sehen kann oder will, was genau der Gegenüber für Probleme hat. Man kann nicht mehr nüchtern an die Heilarbeit gehen, wird z.T. blind für die Schwächen der anderen Person, die es ja zu bearbeiten gilt. Für engste Freunde und Familienmitglieder trifft dies noch mehr zu: Hier ist man schnell befangen.

Ich habe sowohl Ärzte wie auch Heiler und Heilpraktiker erlebt, die eindeutige Krebssymptome bzw. energetische Wahrnehmungen, die eindeutig waren, nicht sehen wollten, sie verdrängten und somit eine rechtzeitige Diagnose verzögert haben. Ich könnte all dies noch weiter ausführen, noch etliche Beispiele und Geschichten einbringen. Doch dann würde aus dem Artikel ein Buch (dass ich auch schreibe, aber gut Ding will Weile haben). Deshalb zum Abschluss eine Zusammenfassung der – für mich persönlich – elementaren Grundpfeiler einer Ethik des geistigen Heilens:

Das stete Streben nach Verbesserung der eigenen Fähigkeiten, Selbstreflexion und die Arbeit am eigenen Ego, das Annehmen und bearbeiten eigener Schwächen und Fehler sind die „inneren“ Aspekte. Dies ist die Arbeit an Dir selbst. Vermeide spirituelle Höhenflüge und Weltflucht.

Die „äußeren“ Aspekte sind: Klares, aufrichtiges und authentisches Verhalten gegenüber Klienten und Schülern. Auch nach außen zu Grenzen Deiner Fähigkeiten oder Schwächen stehen. Der Verantwortung für das Wohlergehen der Hilfesuchenden übernehmen – Du hast sie Dir selbst auferlegt, indem Du diese Arbeit begonnen hast.
Lass Dein Handeln nicht von Suche nach Anerkennung, Neid oder Eifersucht sowie Ängsten beherrschen. Beachte den freien Willen aller – Du willst schließlich auch nicht, dass der Deine missachtet wird.

Und: Weiche den moralischen und ethischen Maßstäben nicht aus, nur weil sie unbequem sind. Du tust Dir selbst keinen Gefallen damit. Lauf nicht vor Dir selbst weg, sondern vergib Dir Deine alten Fehler und arbeite daran, es jeden Tag ein wenig besser zu machen. Die fünf Lebensregeln des Mikao Usui aus dem klassischen Reiki oder auch die 10 Gebote beinhalten im Grunde alle wichtigen Aspekte. Diese wenigen Lehrsätze zeigen, dass es auch ohne dicke Gesetzesbücher geht: Vermeide einfach die genannten negativen Handlungsweisen.

Oder um bei Mikao zu bleiben: Frage dich jeden Tag, ob du jetzt gerade liebevoll zu dir und anderen bist, ob du jetzt gerade deinen Weg gehst, deine Arbeit tust. Einfache Ja – Nein Fragen, aus deren Beantwortung du jeden nächsten Schritt klar und deutlich ableiten kannst. Dafür musst du lediglich ehrlich zu dir selbst sein.

Aloha – Stefan Hartung